– funktioniert das oder nicht?
Zeolithe und andere Adsorbenzien als Geruchsbinder werden vor allem in der Landwirtschaft, der Klärtechnik und im Bau eingesetzt. Wer jedoch Berichte über die Anwendung von Zeolith als Geruchsbinder liest, wird oft eher verwirrt als informiert. Die Ergebnisse sind widersprüchlich, zwischen effektiver Geruchsminderung von > 50% und einer Verschlimmbesserung (d. h. stärkere Geruchsbelästigung als ohne Behandlung) scheint alles drin zu sein. Woran liegt das?
Die folgenden vier Faktoren beeinflussen das Ergebnis einer Geruchsminderung mit Zeolithen:
- Selektivität der Adsorption
- Messtechnik
- Zeitliche Entwicklung der Geruchsquelle
- Art der Applikation
Selektivität
Geruch ist nicht gleich Geruch, und Zeolithe sind selektive Adsorbenzien. Im Gegensatz zu Aktivkohle sind Zeolithe einförmig, sowohl was ihre Porengrößenverteilung als auch, was die chemische Natur ihrer Oberfläche betrifft.
(Sehr schematische) Struktur eines Korns Aktivkohle [1]. Es gibt aktive Poren in allen Größenordnungen. Auf der Oberfläche liegen verschiedene funktionelle Gruppen, Rückstände aus dem Ursprungsmaterial, die je nach Verkohlungsprozess mehr oder weniger ausgebrannt wurden.
Struktur von Klinoptilolith, die freien Kationen wurden weggelassen [2]. Die Poren sind gleichförmig, ihre Größe entspricht etwa der Größe der kleinsten Poren der Aktivkohle. Die Oberfläche wird durchgehend von den Sauerstoffbrücken der Struktur gebildet, Unterschiede ergeben sich hauptsächlich durch die verschiedenen Krümmungen der Poren.
Gerüche sind ihrerseits chemisch unterschiedlich zusammengesetzt. Während Knoblauchöl hauptsächlich aus Organoschwefelverbindungen besteht, Kaffeearoma eine Mischung aus über 700 Bestandteilen mit verschiedenen Aldehyden und Estern als Hauptbestandteile darstellt und der Geruch faulender Fische von organischen Aminen bestimmt wird, ist der Geruch von Gülle zusammengesetzt aus flüchtigen mittelkettigen Fettsäuren (wie Buttersäure), aromatischen und heteroaromatischen Verbindungen, Skatol, Schwefelwasserstoff und, besonders geruchsintensiv und unangenehm, Ammoniak [3].
Diese Bestandteile werden nicht gleich gut adsorbiert. So stellten etwa die Betreiber eines Adsorberrades an einer Müllverbrennungsanlage in Maine fest, dass 1-Butanol und Ethanol gut adsorbiert wurden, während Methanol und Acetaldehyd zum Durchbrechen neigten. Je nach Zusammensetzung der Abluft funktioniert der Rotor zur Geruchsbeseitigung mal mehr, mal weniger gut, trotz der beinahe idealen Bedingungen, unter denen er betrieben wird [4].
Umgekehrt gelingt es unter bestimmten Bedingungen, aus einer Geruchsmischung wie der von Kaffee bestimmte Bestandteile, die ein eher unangenehmes Aroma verursachen, zu extrahieren, um so den Kaffeegeschmack zu verbessern [5].
Messtechnik
Bei vielen Arbeiten zum Thema Geruchsbeseitigung wurde der Erfolg messtechnisch beurteilt, d. h. man nahm einige Leitkomponenten und bestimmte ihre Abnahme analytisch. Die Ergebnisse können dem subjektiven Eindruck entsprechen, oder auch nicht: Ammoniak ist zwar die unangenehmste und charakteristische Komponente des Güllegeruchs, aber nicht die einzige. So kann es durchaus passieren, dass man zwar seine Leitkomponenten um 50% verringert hat, aber der Geruchseindruck unverändert zu sein scheint.
Um den Erfolg von geruchsmindernden Maßnahmen wirklich beurteilen zu können, muss eine organoleptische Prüfung durchgeführt werden, d. h. Menschen mit einer bestimmten Qualifikation als Testriecher müssen den Geruch beurteilen.
Zeitliche Entwicklung der Geruchsquelle
Dies ist eine sehr wichtige Frage bei allen biogenen, länger gelagerten Materialien, sei es ein Misthaufen, ein Holzlager oder eine mit Holzmehl oder Reiskleie gefüllte Baustoffplatte [6]. So werden etwa in Holz die flüchtigen Bestandteile erst nach und nach, im Verlauf von Jahren, abgespalten. Bei Gülle liegt zunächst ein größerer Teil des Stickstoffs als organisch gebundener Stickstoff vor, der über mehrere Tage zunehmend in in Ammoniak oder Ammonium umgewandelt wird. Ein Adsorptionsmittel, das anfangs zugegeben wurde, kann, wenn die Geruchsentwicklung richtig losgeht, schon verbraucht sein.
Außerdem werden sich bei Gärung der Masse die Temperatur und der pH-Wert verändern. Die pH-Wert-Verschiebung ist meist zum Sauren hin (Bildung freier Fettsäuren), was günstig ist: Säuren verschieben das Ammoniak-Ammonium-Gleichgewicht in Richtung Ammonium, welches vom Zeolithen besser adsorbiert werden kann. Dagegen ist eine Temperaturerhöhung eher ungünstig für die Adsorption flüchtiger organischer Verbindungen: Wenn’s warm wird, werden bereits adsorbierte Geruchsstoffe wieder freigesetzt.
Art der Applikation
Es gibt mehrere denkbare Möglichkeiten, Zeolith als Geruchsbinder einzusetzen: In der Tierhaltung kann man ihn mitverfüttern, damit er gleich im Magen-Darm-Trakt des Tieres wirkt. Man kann ihn in die Einstreu mischen, der gesammelten Gülle zufügen oder aber in einem Luftfilter unterbringen. In jedem dieser Fälle ist das chemische System ein völlig anderes, die Adsorptivkonzentrationen, der pH-Wert, die Wassermenge, die Temperatur, die Salzkonzentrationen unterscheiden sich. Dies hat Auswirkungen auf die Effektivität.
Füttert man Hühnern etwa 10% Klinoptilolith mit dem Futter zu [7], scheint sich bei der Gesundheit der Tiere und der Qualität der Eier zunächst nichts zu tun. Theoretisch sollte der im Hühnermist entstehende Ammoniak vom Klinoptilolithen gleich gebunden werden, dies ist aber nicht der Fall: Der Geruch wird eher stärker als schwächer. Ursache ist vermutlich, dass der Klinoptilolith bereits mit Wasser und den Salzen aus dem Verdauungstrakt beladen ist und eine eventuelle Gleichgewichtseinstellung nicht so schnell erfolgen kann, wie der Ammoniak aus dem Hühnermist herausdiffundiert. Zudem zeigte es sich, dass die mit Gesteinsmehl gefütterten Hühner einen wesentlich nasseren Mist absetzten als solche unter Normalfutter, was den mikrobiellen Zerfall im an sich recht stabilen Hühnermist beschleunigte. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie etwas schieflaufen kann…
Dann vermischt man doch besser den Zeolithen mit dem Mist oder streut ihn einfach obendrauf [8]. Die Autoren überstreuten frischen Hühnermist mit verschiedenen Mengen Zeolith und untersuchten die Emissionen im Headspace des Probengefäßes. Während zahlreiche Geruchsbestandteile gesenkt wurden (insbesondere Ammoniak), gingen einige dagegen nach oben, so als würde der Zeolith bestimmte Zersetzungswege fördern. Insgesamt ergab sich jedoch eine Geruchsreduktion, die. z. T. sicher auch auf die trocknenden Eigenschaften des Zeolithpulvers zurückzuführen ist.
Bei Gülle und Gärresten wird es etwas schwieriger. Seit Jahren wird ein Ansatz untersucht, nach dem der Gülle vor der Separation Zeolith zugegeben werden soll, um Ammonium, Kalium und Phosphor in der feste Phase zurückzuhalten. Dies gelingt nur mit sehr mäßigem Erfolg. Zwar erhält man eine verringerte Ammoniumstickstoffkonzentration in der Flüssigphase, aber die Verbesserung ist nur geringfügig [9].
Warum das so ist, erklärt eine Betrachtung der Mengenverhältnisse: Ein hochwertiger Klinoptilolith hat Austauschkapazitäten von 115 meq/100 g, das entspricht bei Ammonium ca. 20 g/kg Zeolith. Dies ist ein Idealfall, häufiger sind nur halb so große Aufnahmewerte, welche sich das Ammonium auch noch mit den anderen Kationen in der Gülle „teilen“ muss. Aber selbst wenn man von einer Aufnahmekapazität von 20 g/kg ausgeht, müssten pro Kubikmeter Gülle, die leicht mehrere hundert mg/l Ammonium enthält, mindestens 25 kg Zeolithpulver (Marktpreis etwa 40,- – 90,- /t für gemahlenes Produkt) zugegeben werden. Den Wert kann man gedanklich gern verdoppeln oder vervierfachen. Damit wären dann NH4+ und K+ gebunden, aber Phosphat nicht – um Phosphat an Zeolithe zu binden, braucht es besondere Vorbehandlungen und Verfahrensbedingungen, die im Güllebereich kaum zu erreichen sind.
So kommt es, dass ein Verfahren, welches zur Verbesserung bereits geklärter Abwässer sehr erfolgversprechend ist, im Bereich „Gülle und Gärreste“ nicht vernünftig einsetzbar ist.
- [1] Quelle: http://www.ca.uky.edu/agc/pubs/ip/ip6/ip6.htm
- [2] Quelle: „Database of Zeolite Structures“ der IZA, Link zum Eintrag Heulandit (Klinoptilolith hat eine Heulandit-Struktur)
- [3] „Evaluation of Odor Emissions from Amended Dairy Manure: Preliminary Screening„. E. F. Wheeler et al., Agricultural Engineering International: the CIGR Journal. Manuscript No.1716. Volume 13, Issue 2. June, 2011.
- [4] „An Assessment of the Capabilities of the Munters Zeolite Rotor Concentrator to Reduce VOC and Odor Emissions from a Municipal Waste Combustion Facility.“ J. M. Secunde, P. Krenitsky, NAWTEC14-3189.
- [5] Siehe z. B. „Adsorption Selectivity of Caffee Aroma on Zeolite 5A„, ähnlich auch hier veröffentlicht: „Improvement of Coffee Aroma by Removal of Pungent Volatiles Using A-Type Zeolite„
- [6] Eine Arbeit über mehlgefüllte, mit Zeolithpulver angereicherte Kunststoffe für den Innenausbau: Der Zeolithzusatz soll die bei der Extrusion der Folien entstehenden Gerüche binden. (Download des Volltextes)
- [7] „Studies with Clinoptilolite in Poultry. I. Effect of Feeding Varying Levels of Clinoptilolite (Zeolite) to Dwarf Single Comb White Leghorn Pullets and Ammonia Production.“ H. S. Nakaue et al., Poult. Sci. 1981, 60(5), 944 ff.
- [8] „Evaluation of Zeolite for Control of Odorants Emissions from Simulated Poultry Manure Storage.“ L. Cai et al., J. Environ. Qual. 2007 36: 184193. —
„Evaluation of Treatment Agents and Diet Manipulation for Mitigating Ammonia and Odor Emissions from Laying Hen Manure.“ Yi Liang et al., 2005 ASAE Annual International Meeting, Tampa, Florida. (Artikeldownload auf der Seite. Die Arbeit gibt einen interessanten Einblick in die komplexe Zusammensetzung der Geruchscocktails.) - [9] Hier gibt es sehr viel Literatur, siehe z. B. für Abwasser „Eignung nährstoffreicher Substrate aus zentraler & dezentraler Abwasserbehandlung als Düngemittel.“ Inaugural-Dissertation, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Jürgen Simons 2008. Für die Anwendung bei Gülle „Ammoniakemissionen aus Gülle und deren Minderungsmassnahmen unter besonderer Berücksichtigung der Vergärung.“ J.-L. Hersener et al., Forschungsbericht i. A. des Amts für Umweltschutz Kanton Luzern, 2002
[…] Während ich auf den Einsatz von pulverförmiger Kieselgur im Stall verzichte ist Kieselgur (pulverisierte, fossile Kieselalgenschalen) nachweislich ein effektives Mittel zu Bekämpfung und Vorbeugung von Milbenbefall. Zeolith (Vulkan-Gesteinsmehl) hat als Teil der Einstreu geruchsbindende, trocknende Eigenschaften (wenn Du Dich tiefer einlesen willst, empfehle ich diese Seite: http://www.arnold-chemie.de/2013/01/zeolithe-in-der-aktiven-geruchsbeseitigung/). […]