Das Problem
Betriebe, die nicht regelmäßig chemische Untersuchungen zu vergeben haben, tun sich oft schwer damit, wenn ausnahmsweise einmal ein Material „zur Analyse“ ansteht:
- Reklamationen an gelieferten Produkten oder Rohstoffen, sei es im eigenen Betrieb oder beim Endkunden, müssen aufgeklärt werden.
- Umweltuntersuchungen – Wasser, Abluft oder Bodenproben – müssen im Rahmen von Bauprojekten durchgeführt werden.
- Qualitätsbeurteilung neuer Roh- oder Ausgangsmaterialien steht an, etwa bei Lieferantenwechsel.
Beispiel
Der Hersteller eines Kosmetikrohstoffes erhielt gelegentlich, aus nicht nachvollziehbaren Gründen, die Reklamation durch den Endkunden, der Geruch seines Rohstoffes sei nicht ausreichend rein. Dies geschah jedoch stets bei Chargen, die die olfaktometrische Prüfung am Warenausgang bestanden hatten (Olfaktometrie ist die Beschreibung und Quantifizierung eines Geruchs durch speziell qualifizierte menschliche Testriecher). Als Ursache wurde vermutet, kleine Mengen schwefelorganischer Verbindungen könnten sich in bestimmten Materialien der Fahrzeugtanks festsetzen und sich dort anreichern.
Die eigentliche Frage war jedoch, wie der Geruch anhand einer Maßzahl charakterisiert werden könnte, die nicht „Geruchseinheit“ war. Olfaktometrie ist aufwändig, schlecht reproduzierbar und daher generell unbeliebt. Wäre es nicht möglich, eine Leitverunreinigung zu definieren, deren analytisch bestimmbarer Gehalt eine Aussage über die Qualität der Ware treffen könnte?
Was der Kunde wollte
- Chargen schnell und quantitativ charakterisieren
- Eine orts- und personenunabhängige Prüfmethode
Was der Kunde nicht wollte
- Zusätzliche unverwertbare Daten sammeln
- Eine Reproduzierbarkeit gleich oder schlechter als die der Olfaktometrie
- Untersuchungsergebnissen zu vertrauen, die letzten Endes nicht aussagekräftig sind.
Vorgehensweise
- Zunächst wurde anhand einer Literaturrecherche eine Liste möglicher geruchsbildender Spurenbestandteile aufgestellt. Dies waren größtenteils Mercaptane und Thioether.
- Es wurden eine Anzahl von Laboratorien für die Prüfung angefragt und die Randbedingungen dafür besprochen, dass die Messung überhaupt brauchbare Ergebnisse liefern würde. Der Probenversand der äußerst flüchtigen Ware wurde ebenfalls besprochen.
- Die zu prüfenden Parameter wurden festgelegt und vom Kunden eine besonders stark belastete Charge abgepackt. Das Untersuchen der stark belasteten Ware – so stark belastet, dass sie nicht ausgeliefert werden würde – sollte ein erster Schritt sein, um zu bestimmen, ob die Untersuchung überhaupt möglich sei.
- Weil die Konzentrationen der Geruchsbildner nahe der Bestimmungsgrenze liegen (gerade Mercaptane haben eine extrem niedrige Geruchsschwelle), wurden die ersten Untersuchungen zwar nach der gleichen Methode, jedoch bei mehreren Laboratorien und dort jeweils an mehreren Mustern der gleichen Charge wiederholt, um ein Gefühl für die Streuung der Messwerte zu bekommen.
- Die Ergebnisse wurden in einem Dossier zusammengefasst. In diesem Fall zeigte sich, dass die Streuung der Messergebnisse so hoch war, dass die Untersuchung keine zuverlässigen Informationen über die Rohware liefern konnte.