Die Bewertung von Unternehmen gehört zu den komplexesten ökonomischen Aufgaben. Dabei werden nicht nur finanzielle Daten, sondern auch die Marktsituation und Verwendbarkeit der Produkte mit einbezogen. Für Ökonomen ist es manchmal schwierig, die Natur chemischer Produkte einzuschätzen, vor allem, wenn es sich dabei nicht um weit verbreitete, einfache Standardprodukte handelt (etwa Salze oder Lösungsmittel in technischer Qualität), sondern um Spezialitäten: Chemikalien oder Materialien für besondere Anwendungszwecke.
Die Situation
Ein Investor brauchte Hilfe bei der Due-Diligence-Prüfung vor einer Firmenübernahme. Die Firma war ein Hersteller von Kunstharzen und einiger Vor- und Folgeprodukte und im Laufen von über 80 Jahren (obwohl eigentlich mittelständisch) durch Akquisitionen und Zusammenschlüsse zu einem relativ unübersichtlichen Konglomerat angewachsen.
Ebenso unübersichtlich erschien zunächst die Produktpalette: Einige Vorstufen (Oligomere, Gele) wurden im Haus hergestellt, andere zugekauft. Die Produkte wurden zum Teil verkauft, zum Teil weiterverarbeitet (in diesem Fall zu Zubereitungen). Die Anwendungen waren teilweise recht simpel, teilweise mussten sie sehr hochen technischen Anforderungen genügen. Dazu kam, dass einige der Produkte für den Innenraumbereich vorgesehen waren – und sowohl die Pläne der EU über mögliche Verschärfung von Grenzwerten, als auch die Stimmung in der Presse den Wert einzelner Produkte beeinflussen konnten.
Was der Kunde wollte
Der Kunde brauchte in erster Linie Informationen zu den Eigenschaften der hergestellten Produkte im Vergleich zu anderen Produkten in den selben Marktnischen.
- Die Produktpalette verstehen: Was ist das Besondere, was (aus Sicht des Marktes) Einzigartige der hergestellten Produkte?
- Konstruktiv umstrukturieren: Welche Zweige hängen voneinander ab, welche sind unabhängig und lassen sich ausgliedern?
- Den Marktanteil vergrößern: Welche Produkte haben noch weitere Anwendungsbereiche als die bereits erschlossenen?
- Risiken verstehen: Für welche Produkte gibt es Verdrängungs- und Ersatzrisiken?
- Frühzeitig gegensteuern: Welche Produkte könnten in den nächsten Jahren unter eine veränderte Gesetzgebung fallen?
Was der Kunde nicht wollte
- Zerstörung: Die Position einzelner Produktionszweige durch unkluge Zergliederung zu schwächen.
- Altlasten: Strukturen, die sich überlebt hatten, aus Unkenntnis aufrechtzuerhalten.
- Überzahlen: Marktwert und „economic moat“ einzelner Produkte zu überschätzen.
- Viel in Produkte zu investieren, die schon in die Abstiegsphase ihres Lebenszykluses gekommen waren.
Und der Erfolg?
Ein Angebot für die Übernahme einzelner Firmenteile und ein Businessplan für die Weiterführung des Geschäftes konnten mit Hilfe der Chemie-Informationen deutlich schneller und mit mehr Sicherheit erstellt werden.