Problemstellung
Ein Biofilter mit anorganischem Trägermaterial wurde im Gegenstrom mit Nährlösung berieselt. Die aromatischen Kohlenwasserstoffe in der Abluft wurden nur ungenügend abgebaut. Dies führte zum Stripping aus dem Biofilter. Der Anlagenbauer, vom Betreiber darauf angesprochen, überlegte, ob – statt teurer Umbaumaßnahmen – durch Zusatz von Tensiden zum Wasser das Stripping aus dem Biofilter vermindert und die Bioverfügbarkeit dieser Verbindungen für die Mikroorganismen verbessert werden könnte. Dafür wurde bei mir die Versuchsplanung bestellt. GC und ein kleines Labor standen zur Verfügung.
Was der Kunde wollte
- Eine Versuchsplanung, die im eigenen Hause erledigt werden konnte.
- Aus den Versuchen sollten eine Aussage über die Richtigkeit des Ansatzes sowie eine Voraussage über die zu erwartenden Chemikalienkosten hervorgehen.
Was der Kunde nicht wollte
- Ohne Information direkt an der Biofilteranlage herumprobieren.
- Umbauten vorzunehmen, ohne zuvor die günstigeren Alternativen zu prüfen.
Vorüberlegungen
Mittlerweile ist bekannt, dass Tensidzusatz kein Weg ist, der in solchen Fällen bedeutende Verbesserungen beschert. Wir mussten es 1995 für den Spezialfall erst herausfinden. Meine Überlegungen waren zunächst folgende:
- Es würde schwierig sein, ein entsprechendes Tensid ausfindig zu machen, denn viele Tenside sind zelltoxisch, sie lösen Eiweiße aus der Zellmembran und töten somit die Mikroorganismen ab.
- Oft sie sind selbst bioabbaubar und könnten zum bevorzugten Nährstoff der Mikroorganismen werden, somit die Abbauleistung für die aromatischen Kohlenwasserstoffe senken.
- Weiterhin war nicht bekannt, ob die Tenside den Partialdruck der Verunreinigungen über der Lösung wirklich bedeutend senken würden.
Wir entschlossen uns, die letzte Frage zuerst zu klären. Für den Kunden bestellte ich eine Reihe von ausgesuchten Tensiden, welche als wenig zelltoxisch eingestuft sind. Die Versuchsanweisungen mussten in diesem Fall sehr detailliert ausfallen.
Versuchsablauf und Ergebnis
Wasser wurde bei Raumtemperatur mit einer der Abluftzusammensetzung nachempfundenen Mischung gesättigt und mit steigender Konzentration an Tensiden in Septumflaschen gefüllt. Diese wurden in einem GC-Ofen auf 20 °C temperiert und – da die Trennung zunächst keine Rolle spielte – Headspace-Proben mit dem FID untersucht (Headspace: Gasraum in der Flasche über dem Flüssigkeitsspiegel).
Damals waren wir überrascht festzustellen, dass sich der Partialdruck der organischen Verbindungen im Headspace trotz unterschiedlicher Mengen Tenside sich um weniger als ca. 5% änderte. Mittlerweile sind diese Ergebnisse auch anderweitig bestätigt worden. [1] Zusätzlich wurde mittels GC gemessen, ob sich eine Verschiebung in der Zusammensetzung der Verunreinigungen ergeben hatte. Auch diese war nicht signifikant.
Aus den Versuchen ging hervor, dass einfacher Zusatz von Tensiden kein wirksames Mittel ist, um das Stripping aus dem Filter zu vermindern. Es war vorgesehen, als nächste Schritte in einem Modellreaktor das Verhalten der Mikroorganismen bei Tensidzusatz festzustellen (also Toxizität, Zunahme der Biomasse, Zehrung), diese Versuche wurden nach den schlechten Ergebnissen der ersten Stufe nicht mehr unternommen. Statt dessen entschieden wir, Umbauten am Biofilter seien der bessere Weg, um die Luftreinigungsleistung zu verbessern.
[1] Beispiel: Gaseous CAH removal by biofiltration in presence and absence of a nonionic surfactant; aber auch vereinzelte Gegenbeispiele: Thermophilic biofiltration of methanol and α-pinene. Ganz ähnlich dem hiesigen Beispiel zusammengesetzt, aber verfahrenstechnisch völlig anders: Absorption of a volatile organic compound by a jet loop reactor with circulation of a surfactant solution: Performance evaluation