Vor genau zwei Jahren habe ich mir das Thema „Kostenpflichtige Datenbanken für Chemie-Informationen“ bereits einmal vorgenommen, hier nun die aktualisierte und ergänzte Version. Auch dieses Mal geht es nur um das Auffinden von Daten, nicht um die Suche nach Originalarbeiten.
Bei kostenpflichtigen Datenbanken kostet entweder das Suchen schon Geld, oder aber die Anzeige der Resultate. Trotz der kostenlosen Konkurrenz kann sich die Benutzung der Bezahldienste lohnen, weil ihre Verwendung Zeit spart und man einen Begriff von der Abdeckung der Suche bekommen kann.
Ein Beispiel:
Sie suchen den Flammpunkt einer Lösungsmittelmischung, etwa über eine Standardsuchmaschine, oder aber in einer der kostenlosen Datenbanken. Sie finden nichts Brauchbares. Was nun? Sie können die Messung in Auftrag geben, mehrere Tage warten und einige hundert Euro zahlen – oder wollen Sie zuerst die 30,- für eine Suche in einer Fachdatenbank ausgeben?
Andere Beispiele wären
- den Stand der Technik/Stand der Wissenschaft festzustellen,
- die Verfügbarkeit einer Chemikalie festzustellen und herauszufinden, ob sie in einem bestimmten Land einer Regulierung unterworfen ist,
- festzustellen, ob ein Material oder ein Verfahren auf irgend eine Weise „schlechte Presse“ hat(te)
und einiges mehr. Die Suche in den kostenpflichtigen Datenbanken kann mehrere hundert Euro kosten, im Gegenzug erhält man aber, soweit dies irgend möglich ist, eine Garantie auf Vollständigkeit und erledigt die Fragestellung „auf einen Klick“ (so zumindest das Ideal).
Inhalt:
- Bezahlmodelle – was bedeutet „kostenpflichtig“?
- Chemikalienlieferanten
- Stoffdaten
- Normen und Vorschriften
- Wirtschaft und Märkte
1. Bezahlmodelle
Vertragsbindung – Manche Datenbanken erfordern ein Jahresabonnement, welches bei 300,- US$ liegen kann, wie etwa Highbeam, oder mehrere tausend Euro kostet. Andere (und es wäre zumindest als Option für alle Datenbanken wünschenswert) berechnen nur die tatsächlich abgerufenen Daten. Manchmal (wie bei STN) kostet die Einrichtung des Zugangs einen kleinen Betrag.
Kosten beim Suchen – Wenn man keine Flatrate hat, kann entweder die Suche bereits etwas kosten (entweder auf Grundlage der Verbindungszeit oder „pro Klick“) oder nur die Anzeige der Ergebnisse. Manchmal ist es eine Kombination von beiden.
2. Chemikalienlieferanten
Die Datenbank Chemsources ermöglicht die Suche nach Chemikaliennamen, Handelsnamen, Anwendungsfeldern, CAS-Nummern oder Formeln. Das Aufsuchen der Chemikalie ist kostenlos, das Ansehen der Herstellerinformationen nicht. Die Datenbank, die auch über zusätzliche Informationen wie Einkaufsführer verfügt, ist neben ihrem
eigenen Zugang auch über STN zu erreichen oder auf CD-ROM zu bekommen.
Unter STN ist die Suche in zwei Schritte aufgeteilt: In CSCHEM muss zuerst die Chemikalie gesucht werden, in CSCORP können dann Details zu den gefundenen Firmen nachgeschlagen werden. Dafür hat man aber auch „Pay-per-click“ statt Monatsabo.
Das MDL Directory of Available Chemicals gilt als der Standard bei der Suche nach lieferbaren Chemikalien, Qualitäten und Packungsgrößen. Die sog. MDL-Nummer einer Chemikalie bezieht sich auf dieses Verzeichnis. Nach der Übernahme durch Symyx allerdings ist über die Preise nichts mehr zu erfahren – die Preise werden nur auf Anfrage mitgeteilt.
(Aus: SYMYX ACD WEB SERVICE ENABLES ACCESS TO CHEMICAL DATABASE.
Quelle: Worldwide Databases, 12/1/2007.
Via: HighBeam Research
COPYRIGHT 2007 Worldwide Videotex)
Das Directory of World Chemical Producers bietet immerhin Einzelsuchen für 150 US$ an. Ich habe das Verzeichnis nie getestet, aber es scheint recht klein (87.000 CAS-Nummern) und anwenderorientiert zu sein – also die Dinge zu enthalten, die man relativ leicht auch über Google findet. Vielleicht hat ja jemand diese Datenbank schon benutzt und kann berichten.
3. Stoffdaten
Die Wiley Datenbank der Polymereigenschaften ist ursprünglich eine elektronische Version des Polymer Handbook, mittlerweile allerdings umfangreicher und aktueller. Die Preise für den Zugang gibt es allerdings nur auf Anfrage.
Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry: Bei diesem Nachschlagewerk kann kostenfrei recherchiert werden, aber nur Abonnenten können die Artikel lesen. Problem: Es gibt ihn nur mindestens jahresweise, Preise wiederum auf Anfrage. Einige Artikel, etwa über die Technologie des Bierbrauens, über Aerogele oder über Chemosensoren, sind kostenlos.
Bei Detherm wird dagegen (nach vorheriger Registrierung) pro Ergebnis bezahlt. Die Datenbank wird von der DECHEMA angeboten und fasst die Inhalte mehrerer Stoffdatenbanken zusammen. Das Thema ist chemische Thermodynamik, also Gleichgewichtsdaten, kalorische Daten, Daten zu Phasenübergängen und andere. Eine gute Alternative zu DETHERM ist Infotherm, das über das FIZ Chemie angeboten wird.
IR-Spektroskopische Daten findet man z. B. bei FDM, Inc., einem kommerziellen Datenlieferanten, oder FTIRsearch.com. Leider muss man zuerst die n * 100 $ zahlen und kann dann erst schauen, ob die gewünschte Substanz dabei ist. Es lohnt sich auf jeden Fall, vorher beim kostenlosen NIST Chemistry Webbook nachzusehen.
4. Normen und Vorschriften
Am bequemsten werden Normen, VDI-Richtlinien und verwandte Schriftstücke auf der Website des Beuth-Verlags gesucht, wo man sie auch gleich zum Einzelpreis bestellen kann. Die Recherche selbst ist kostenlos, allerdings etwas trickreich: Die Datenbank eignet sich nicht unbedingt dazu herauszufinden, welche Norm anzuwenden ist, sondern eher dazu, bekannte Dokumente zu finden. Recherchieren kann man besser in Perinorm, braucht dazu aber einen Jahreszugang.
5. Wirtschaft und Märkte
Der Hoppenstedt ist erste Wahl, wenn es darum geht, Details über einzelne Firmen herauszufinden: Wer ist der Vorstandsvorsitzende, wie ist die Zahl der Beschäftigten, welche Handelsregisternummer hat das Unternehmen. Es gibt drei Bezahlmodelle, von denen das günstigste, Prepaid genannt, leider einige Einschränkungen aufweist.
Die Genios-Datenbank wird von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und von der Verlagsgruppe Handelsblatt betrieben. Die Inhalte der Datenbank sind Fachartikel und Presseberichte, es gibt allerdings auch einen Zugriff auf den Bundesanzeiger, auf die Handelsregister-Bekanntmachungen, das Handelsregister und spezielle Firmendossiers. Suchen ist kostenlos, die Detailanzeige der Resultate hat unterschiedliche Preise, je nach Quelle.
Auch Highbeam ist ein Pressearchiv, allerdings mit englischsprachigen Inhalten. Für die gewaltige Datenbank gibt es nur Jahreszugänge, aber der Preis hält sich mit 299,- $ für ein Jahresabo in Grenzen. Interessant ist, dass auch die englischsprachigen Ausgaben zahlreicher chinesischer Zeitschriften enthalten sind.
Ähnlich, aber auf Deutsch ist Wirtschaftspresse.biz. Das Zeitungsarchiv der Handelsblatt GmbH ist im Jahresabo deutlich günstiger als Highbeam, allerdings, soweit erkennbar, auf deutschsprachige Publikationen beschränkt.
Statistische Daten sammelt die DSI. Das Angebot umfasst statistische Datenbanken „…z.B. der Weltbank, den Vereinten Nationen, der OECD, der IEA, Eurostat und nationaler Quellen […] Daten zu Konjunktur, Wirtschaft, Produktion, Energie, Umwelt, Aussenhandel, Bevölkerungsentwicklung, Gesundheit und Soziales – für bis zu 200 Länder und Wirtschaftsregionen…“. Zum größten Teil handelt es sich dabei wohl um gedruckte Bände, die dort zentral (natürlich gegen Aufschlag) bestellt werden können. Der Zugang zu den Datenbanken schlägt mit mindestens 2.200,- allerdings eine kleine Kerbe in die Portokasse.
[…] Die Betonung liegt auf „scheinbar“. Die Frage, warum auf den Klinken der kommerziellen Datenbankenhosts – angesichts der kostenlosen Konkurrenz – nicht schon längst der „Kuckuck“ klebt, wurde in der 42. Ausgabe des Newsletters diskutiert, „Kostenpflichtige Datenbanken in der Chemie“. […]