Was sind Nanozeolithe, wodurch unterscheiden sie sich von „Nicht-Nano“-Zeolithen, und was für Anwendungen sind mit Nano-Zeolithen möglich, die mit Zeolithen gewöhnlicher Partikelgröße nicht zugänglich sind?
Synthetische Zeolithe werden meistens so hergestellt, dass die Partikelgröße um 1 µm liegt. Das lässt sich anhand von Rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen (SEM) bestimmen, mit denen Partikelgrößen ab ca. 20 nm sichtbar gemacht werden können. Einige Beispiele:
Diese feinen Pulver werden mit tonhaltigem Bindemittel oder „bindemittelfrei“, d. h. mit einer Phase, die selbst in Zeolith umgesetzt wird, in Form gebracht. Wenige Anwendungen beruhen auf ganz und gar ungeformten Zeolithpulvern.
Natürlicher Klinoptilolith kristallisiert in Täfelchen aus, die ca. 10 µm lang und breit, dafür aber deutlich weniger als 1 µm dick sein können. Ein Bild gibt es hier, ganz unten auf der Seite: Es zeigt die Bruchfläche eines Zeolithgesteins. Die Klinoptilolithtäfelchen werden von dem ursprünglichen vulkanischen Glas zusammengehalten.
Als Nanozeolithe werden dagegen Zeolithe mit einer Einzelkristallitgröße von 200 – 500 nm, d. h. 0,2 – 0,5 µm, bezeichnet, es wurden aber noch kleinere Kristallite beschrieben: L. Tosheva und V. Valtchev (letzterer übrigens einer der Autoren aus unserem Buch) beschreiben kolloidale Zeolithe, die Teilchengrößen von 50 nm aufweisen. Bei Zeolith A würde eine solche Teilchengröße bedeuten, dass in einer Raumrichtung etwa 40 Käfige hintereinander liegen, bei gewöhnlichen Partikelgrößen um 1 µm sind es etwa 1.000.
Herstellung der Nanozeolithe
Nanozeolithe werden durch eine Beeinflussung des Kristallisationsvorganges gewonnen. Die Rezeptur wird so verändert, dass die Keimzahl höher wird. Eine höhere Keimzahl beschleunigt die Kristallisation und verringert die Kristallitgröße. Dafür gibt es allerdings kein Universalrezept, was die Keimzahl im Einzelfall erhöht, ist von Rezeptur zu Rezeptur verschieden. [2]
Vermahlen größerer Kristalle ist anscheinend nicht üblich, es würde auch andere Partikelformen und Oberflächenpotenziale liefern als direkte Kristallisation.
Die Partikel fallen hierbei ca. 10 µm groß und somit um Größenordnungen größer aus als eigentliche Nanozeolithe (allerdings auch deutlich kleiner als die üblich 50 µm-Fraktion von Klinoptilolithen zu Bodenverbesserung).
Ein interessantes Bild von „Blätterteigbällchen“ ist auf der Website des koreanischen KAIST-Institutes publiziert. Durch die Verwendung von „Quats“ (quaternären Ammoniumverbindungen, die u. a. kationische Tenside abgeben können) als strukturdirigierende Substanz wurden bis zu 2 nm dünne Zeolithblättchen synthetisiert. Diese ballen sich zu größeren, blättrigen Strukturen zusammen, lassen dazwischen aber ein makroporöses Transportporensystem offen. [4]
Ein Artikel über die Synthese von hierarchisch strukturiertem ZSM-5 gehört zu den am häufigsten heruntergeladenen Artikeln der Zeitschrift „Microporous and Mesoporous Materials„. Hierarchisch Strukturiert bedeutet, dass feinste (in dem Beispiel tatsächlich nur 6 nm große) Kristallite sich zu lockeren, 200 nm großen Aggregaten zusammenballen.
Eigenschaften von Nanozeolithen
Nanozeolithe haben, bedingt durch ihre kleinen Abmessungen, ein wesentlich besseres Verhältnis von Oberfläche zu Volumen einerseits und andererseits kürzere Transportporen. Zahlen dazu gibt die folgende Tabelle, die Zahlen gehen von Würfeln aus:
d [µm] | 1 | 0,2 | 0,05 |
V [µm³] | 1 | 0,008 | 0,000125 |
A [µm²] | 6 | 0,24 | 0,015 |
A/V [µm²/µm³] | 6 | 30 | 120 |
(d = Kantenlänge, V = Volumen des Kristallits, A = Gesamtoberfläche des Kristallits)
Daraus ergibt sich, dass einerseits der Massentransport ins Innere der Kristalle beschleunigt wird, andererseits sind so extrem feine Pulver aber nicht leicht zu handhaben. Bei katalytischen Anwendungen können sich ganz andere Eigenschaften ergeben als bei Zeolithen mit gewöhnlicher Partikelgröße, Adsorptions- und Ionenaustauschvorgänge laufen beschleunigt ab. Größere Moleküle, die nur sehr langsam in den Zeolithen eindiffundieren, können in proportional größerer Menge oberflächennah in den Zeolithen eingebracht werden.
Die folgenden Anwendungen befinden sich alle noch mehr oder weniger im Stadium der Grundlagenforschung.
Anwendungen – noch mehr oder weniger spekulativ
- Aufbau von membranähnlichen Hohlfasern: Durch Elektrophorese werden Zeolith-Nanopartikel auf Carbonfasern aufgebracht, die Faser danach durch Calcinieren ausgebrannt. Die zurückbleibenden Hohlfasern sind mechanisch allerdings sehr empfindlich. Ähnlich kann man – mit Polystyrol-Kügelchen als Träger – auch Hohlkugeln herstellen.
- Abscheidung von nanokristallinen Zeolithen auf metallischen und keramischen Oberflächen für Lufttrockner oder Wärmetauscher.
- Als Polymeradditive (entweder als Adsorbens in Lebensmittelverpackungen oder, in speziellen dünnen, hoch gefüllten Folien, als Membrane).
- Als Saatkristalle für die Kristallisation in der Zeolithproduktion, oder für die Herstellung von Zeolithmembranen (ein Review über Zeolithmembranen, Zeolithfilme und mögliche Applikationen erscheint demnächst hier).
- Nanozeolithe bieten sich an als Träger organischer Moleküle, insbesondere Biomoleküle oder Farbstoffmoleküle wie etwa Fluoreszenzfarbstoffe. Im Inneren der Käfige sind die Moleküle vor Einwirkung von Hitze und aggressiven Bedingungen geschützt. Die möglichen Anwendungen umfassen OLEDs, organische Photozellen, synthetisches Chlorophyll (d. h. ein System, das Licht in chemische Energie umwandelt). Besonders Zeolith L ist mit seinen großen, 1-dimensionalen Kanälen interessant dafür.
- Unlösliche Farbstoffmoleküle können, in die wasserdispergierbaren Nanozeolithe eingekapselt, in wässrige Formulierungen eingebracht werden.
- Manche Farbstoffmoleküle können durch UV-Licht, welches ihre Konformation und somit Molekülgestalt ändert, reversibel aus den Zeolithen freigesetzt werden. Hier sind die kurzen Diffusionswege besonders von Nutzen.
- Auch Enzyme könnten so immobilisiert werden, entweder für Sensoren oder für chemische Reaktionen.
- Oberflächenfunktionalisierung (hier ein Literaturbeispiel für Silylierung) ändert z. B. die Polarität der Oberfläche, so dass die Partikel in Öl suspendierbar werden. – In einem Beispiel aus der Nanomedizin wurden Zeolithpartikel sowohl mit Wirkstoffen gefüllt, als auch oberflächlich funktionalisiert, um so mehrere Funktionalitäten gleichzeitig zu haben. Ziel dieser modifizierten Zeolith L-Nanopartikel ist es, Bakterien zu finden, sie mit Fluoreszenfarbstoff zu markieren (für diagnostische Zwecke) und sie gleichzeitig – trotz Antibiotikaresistenz – abzutöten. Es wäre – angesichts der grassierenden EHEC-Fälle – günstig, wenn dieses Verfahren schon anwendbar wäre…
Hersteller
- UOP/Honeywell stellt nanokristalline Zeolithe mit Kristallitgrößen von 0,2 – 0,5 µm vor. Bei der Trennung von Xylolen zeigen die „Zwerge“ insbesondere bei kurzen Zykluszeiten ihre Stärken: Die Rückgewinnung von p-Xylol wird bei einer Zykluszeit von 18 min (kürzere Zykluszeiten wurden nicht gemessen) von 93 auf 97% verbessert, was in der Petrochemie schon einen Quantensprung bedeutet.
- Clariant nennt sein Produkt „Lucidot„. In technischen Mengen ist ein LTL verfügbar, bei dem schon (bedingt durch die kleine Partikelgröße) die äußere BET-Oberfläche ca. 150 m²/g beträgt. „Zeolith L“, oder LTL, ist ein Strukturtyp mit 1-dimensionalen, großen (12-Ring) Kanälen. Sehen Sie im Strukturatlas unter LTL nach, insbesondere doe 3D-Darstellung. Direkte Verlinkung funktioniert hier leider nicht.
- Die Nanoscape AG bietet drei kommerzielle Typen an.
[1] E. A. Urquieta-Gonzales et al., „Identification of Extra-Framework Species on Fe/ZSM-5 and Cu/ZSM-5 Catalysts Typical Microporous Molecular Sieves with Zeolitic Structure.“ Mat. Res. 5 (3), 2002
[2] Siehe z. B. die Publikationen der Synthesis Commission der IZA, oder weitere Beispiele aus der reichhaltig vorhandenen Literatur. Ich habe nur Beispiele geprüft, etwa Yuanyuan Hu, Chong Liu, Yahong Zhang, Nan Ren, Yi Tang, „Microwave-assisted hydrothermal synthesis of nanozeolites with controllable size.“ Microporous and Mesoporous Materials, Volume 119, Issues 1-3, 1 March 2009, Pages 306-314, ISSN 1387-1811, DOI: 10.1016/j.micromeso.2008.11.005.
[4] Das Bild ist hier erschienen. Leider ist keine Quellenangabe zur Originalpublikation in „Nature“ gegeben, so ist es (durch Faulheit meinerseits) nicht ganz klar, welcher Zeolith da hergestellt wurde, ich vermute aber, ein Y.
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