Berechnungstools und die Suche nach der idealen Kornform
Obwohl die Ergun-Gleichung schon 1952 aufgestellt wurde, ist sie immer noch die am häufigsten verwendete Berechnungsmethode für den Druckverlust in Schüttungen. Der Vorteil der Ergun-Gleichung ist ihre Einfachheit, der Nachteil der, dass auch sie schüttungsspezifische Konstanten enthält, die sich wiederum nur aus Druckverlustmessungen ableiten lassen. Das fällt allerdings gelegentlich unter den Tisch. Die folgende Form habe ich aus einer Online-Formelsammlung kopiert [1]:Dabei sind
- ε – Leervolumen der Schüttung, für die verschiedenen Kornformen liegen die Werte zwischen 0,33 und 0,45 und hängen außerdem vom Einrütteln der Schüttung ab. Das Leervolumen ist für poröse Materialien, die man nicht einfach mit Wasser aufgießen kann, nur mit einem relativ hohen experimentellen Aufwand einigermaßen genau zu bestimmen. Kleine Änderungen von ε machen sich im Ergebnis stark bemerkbar.
- η – dynamische Viskosität des Fluids;
- ρ – Dichte des Fluids;
- w – Leerrohrgeschwindigkeit;
- dST – äquivalenter Korndurchmesser.
Die beiden Vorfaktoren k1 für den laminaren Anteil und k2 für den turbulenten Anteil sind hier als 150 und 1,75 angegeben, und das stimmt oft, aber nicht immer: So wurden in einem Buch die beiden Faktoren für Bayer-Molekularsiebe (die mittlerweile von UOP hergestellt werden) mit 200 und 1,75 angegeben [2]. Ein nicht zu vernachlässigender Unterschied.Hier einige Publikationen zum Thema:
- Eine verkürzte Berechnungsmethode samt Graphen, aus denen man die Kennzahlen entnehmen kann, stellt ein Katalysatorhersteller für seine Trägerkugeln vor. Das Interessante daran: Die Werte beziehen sich auf Fraktionen gemischter Kugelgrößen, für die insbesondere die Abschätzung der Leerfraktion schwierig ist.
- Ein Hersteller von Holzvergasern stellt einen Versuch vor, in dem der gemessene Druckverlust von Holzkohle mit Resultaten der Berechnung verglichen wurde. Hier sind die Partikel nicht rund, nicht einmal rundlich, sondern vieleckig und unregelmäßig.
- Berechnungsverfahren für alle kugelförmigen Engelhard-Adsorbenzien und -katalysatoren. Diese Produktpalette ist zwar seit einiger Zeit bei BASF, aber noch verfügbar. Das Dokument enthält die Viskositäten einer Reihe von organischen Lösungsmitteln in flüssigen und gasförmigem Zustand.
- Für Wasser als das Fluid bietet die Studienarbeit Pressure Drop for Flow Through Packed Beds einen Vergleich von Theorie und Messung für verschiedene Packungsgrößen und Kornformen: „marbles“, also Kugeln, und „pea gravel“ (Schotter).
Zu meiner Überraschung fand sich, trotz ausgiebiger Suche, kein einziges Berechnungstool für den Druckverlust in Festbetten. Zwar gibt es reichlich Tools für Strömungen in Rohren (z. B. hier, oder fluidyn), und für fluidisierte Betten (dann eher Kaufsoftware), aber nicht für den Fall des ruhenden Bettes.
Vergleich verschiedener Partikelformen
Wie bereits in Teil 1 dieses Beitrags dargestellt, spielt der oberflächennahe Anteil der Partikel eine große Rolle für den Massenübergang. Nach der maximalen Länge des Diffusionsweges können TriSiv 1/4, 1 – 2 mm-Kugeln und 1/16″-Strangpresslinge miteinander verglichen werden. Die Daten der folgenden Tabelle stammen von den Herstellern, die Schüttdichte von TRISIV habe ich selbst gemessen. Es ist jedoch zu beachten, dass die Schüttdichte sehr unterschiedlich angegeben wird und extrem stark vom Einrütteln der Packung abhängt. Auch kann sich die Korndichte von Hersteller zu Hersteller recht stark unterscheiden. Der Fehler bei den angegebenen Schüttdichten kann gut und gerne 25% betragen. Diese Fehler pflanzen sich über das Leervolumen der Schüttung auf den Druckverlust fort.
Hersteller | Form/Größe | Schüttdichte | Formfaktor | Druckverlust |
in kg/m³ | A/V, Kugel = 1 | in mbar/m | ||
Zeochem | Kugeln 1 – 2 mm | 500 | 1 | 34 |
UOP | TRISIV 1/4″ | 590 | 1,59 | 8 |
UOP | HiSiv 1/16″ Strangpressling | 620 | 1,48 | 43 |
Die Werte sind daher etwas mit Vorsicht zu genießen. Zu sehen ist jedoch trotz aller Ungenauigkeiten, dass:
- Beim Vergleich von Kugeln zu Strangpresslingen ein um ca. 25% höherer Druckverlust eine um ebenfalls ca. 25% erhöhte Adsorbensmasse einbringt. Noch wäre nicht viel gewonnen, aber der Formfaktor der Strangpresslinge ist höher.
- Der geringe Druckverlust von TRISIV ist kaum zu glauben. Möglicherweise habe ich beim Messen der Schüttdichte zu gründlich gerüttelt, und der Druckverlust wurde an eher lockeren Schüttungen gemessen, aber dass es einen Vorteil gibt, ist auch anderweitig in der Literatur bestätigt. Wer [3] auftreiben kann, möge sich bitte bei mir melden, ich beteilige mich gerne an den Kosten. Dem Abstract nach bietet TRISIV (allerdings als 13X beim Trocknen von Erdgas) einen „entscheidenden Kostenvorteil“ durch die Einsparung von Betriebskosten.
Was bringt der Formfaktor?
Das eine erhöhte Adsorbensoberfläche Vorteile bringt, liegt an den Diffusionsgesetzen. Das 2. Fick’sche Gesetz beschreibt die Zeitabhängigkeit der Konzentrationsänderung an einem beliebigen Ort x:
c ist hierbei die Konzentration. Die Geschwindigkeit, mit der sich eine Konzentration ändert, ist somit proportional der 1. Ableitung des Konzentrationsgradienten am Ort x. Graphisch, mit willkürlichen Einheiten, sehen die Konzentrationsprofile zu vier verschiedenen Zeiten so aus:
Quelle: [4]
Man sieht, dass der Konzentrationsanstieg im Inneren des Korns relativ langsam vor sich geht. Diese Grafik ist eigentlich nicht direkt übertragbar, da sie von einem rechteckigen Querschnitt ausgeht, bei dem der Konzentrationsgradient nur an einer Seite anliegt, und den Konzentrationsausgleich eines Konzentrationspulses darstellt. Bei Körnern in einer Schüttung fallen die Konzentrationsprofile entsprechend dem immer enger werdenden Raum nicht so stark ab, aber die Tatsache, dass der höchste Massentransport am Anfang der Adsorptionsphase in den Randschichten stattfindet, bleibt bestehen.
[1] FH Weihenstephan, University of Applied Sciences, Formelsammlung MVT (Autor: Alexander Just, online leider nicht mehr verfügbar)
[2] Klaus Sattler, „Thermische Trennverfahren“, ISBN 3-52726727-1
[3] Ausikaitis, J. P. (1983). TRISIV adsorbent – the optimization of momentum and mass transport via adsorbent particle shape modification. Fundamentals of Adsorption, Tarrytown, NY, Eng. Found., New York, N. Y.
[4] Peter W. Atkins, „Physikalische Chemie“, ISBN 3-527-25913-9
Petra Woll meint
Eine kleiner Hinweis zu der interessanten Übersicht: der Link [1] funktioniert leider nicht mehr (kann ja passieren nach 6 Jahren).