Auf vielfachen Wunsch habe ich jetzt (trotz meiner anfänglichen Weigerung) eine Literaturliste über Zeolithe als Futtermittelzusatz erstellt.
Die Literaturliste entstand aus meiner eigenen Datenbank, welche ich regelmäßig mit neuen Publikationen aus Medline ergänze (das geht schließlich auf Knopfdruck) und die ich auf Wörter wie „diet“, „feed“, „intake“ etc. gefiltert habe. Nachdem ich aus der Ergebnismenge jene Publikationen entfernt hatte, die allzu offensichtlich die Segnungen einzelner Markenprodukte priesen (das kommt offenbar auch im Peer-Review-Bereich vor), waren merkwürdigerweise auch alle Publikationen entfernt, die sich mit der Anwendung am Menschen befassen. Wirklich ein interessanter Zufall …
Was blieb, ist eine Literaturliste von immerhin noch 122 Abstracts, die ich hiermit auf meiner Website zur Verfügung stelle (Download der Liste, PDF, ca. 650 kB). Und hier das eine oder andere Fazit, das ich nach dem Durchsehen der Literatur gezogen habe:
- Versuche mit menschlichen Probanden, soweit sie durchgeführt wurden, sind nicht so gestaltet, dokumentiert und publiziert, dass sie in nennenswertem Umfang auf Medline auftauchen (vorsichtiger konnte ich mich nun wirklich nicht mehr ausdrücken…)
- Nicht alle Autoren scheinen sich ganz darüber im Klaren zu sein, wie vielfältig die Mineralgruppe der Zeolithe ist, und was angegeben werden muss, um einen Zeolithen zu charakterisieren. Manchmal steht im Abstract nicht mehr da als eben „zeolite powder“, man kann also nur hoffen, dass die Publikation selbst mehr enthält.
- Was in vitro funktioniert, ist in vivo noch lange nicht garantiert. Bedeutet: Auch wenn man festgestellt hat, dass ein bestimmter Zeolith einen Giftstoff im Labor hervorragend adsorbiert, heißt das noch nicht, dass er es auch im Magen-Darm-Trakt des betreffenden Tieres tun wird.
- Einige Mykotoxine scheinen recht gut auf Zeolith zu adsorbieren, am bekanntesten vielleicht Aflatoxin B1. Andere anorganische Adsorbenzien, wie Montmorillonit, sind ihnen allerdings überlegen. Wenn die Aflatoxine im Futter gebunden und nicht mehr so gut bioverfügbar sind, scheinen die Tiere (insbesondere Kälber, Ferkel und Küken) mit weniger Futter schneller zuzunehmen.
Autoren, die das gewissenhaft und unter Variation vieler Parameter untersucht haben, fanden allerdings wechselnde Resultate, von „kein Effekt“ bis zum statistisch signifikanten Effekt. - Nicht alle Giftstoffe werden adsorbiert. Aflatoxin B1 scheint ein Positivbeispiel zu sein, Ergotamin aus Mutterkorn oder Swainsonin aus Spitzkiel („Locoweed“) sind negative Beispiele.
- Was eine Tierart vor einem bestimmten Giftstoff schützt, muss bei einer andern nicht funktionieren, da die Verhältnisse im Magen-Darm-Trakt doch sehr verschieden sind.
- Aus toxikologischer Sicht zumindest scheint Klinoptilolith relativ ungefährlich zu sein. [Elmore 2003] findet, dass sich schädliche Effekte von Zeolithen in kosmetischen Anwendungen grundsätzlich auf die Partikelform zurückführen lassen.
- Das Aluminium in Zeolith A (das ist die häufig als Trockenmittel benutzte Gruppe synthetischer Zeolithe) ist bioverfügbar und wir mit steigender Fütterungsdauer und -dosis zunehmend in die Knochen von Ratten eingebaut.
- Mineralstoffwechsel: Zeolithe tauschen Natrium, Kalium und Ammonium bevorzugt gegen Calcium ein. Das hat zur Folge, dass insbesondere synthetischer Zeolith Na-A, der kein Calcium enthält, dem Organismus Calcium entzieht. Bei kalbenden Kühen konnte eine Mobilisierung der Knochenreserve nachgewiesen werden. Bei Zeolithen in der Calciumform (wie vielen Klinoptilolithen) tritt der Effekt naturgemäß nicht auf.
- Folgende Parameter haben einen Einfluss auf den Ausgang des Fütterungsversuchs:
- Tierart und -alter
- Futterzusammensetzung, insbesondere der Mineralstoffgehalt, aber auch andere Werte wie der Gehalt an Rohprotein und -faser
- Art, Menge, Fütterungsdauer und Darreichungsform des Zeolithen
- Ziel der Untersuchung (ob also die Gewichtszunahme, die Dicke der Eierschalen oder die Häufigkeit von Knorpelerkrankungen beeinflusst werden soll)
Angesichts dieser komplexen Verhältnisse wundert es nicht mehr, dass Zeolithe als Futtermittelzusatz so kontrovers diskutiert werden. Und wenn man genauer hinschaut, werden sich einzelne Widersprüche vielleicht ganz einfach als die Folgen unzulässiger Vereinfachung herausstellen.
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